Umweltsünderin

Vergib mir Herr, denn ich habe gesündigt. Ich habe eine Flugreise gemacht. Bin mit dem Jet auf eine ferne Insel geflogen, habe unfassbar viele Kilometer hinter mich gebracht und deswegen auch massiv CO2 verursacht. Mist.

„Flight-Shame“ ist das neue Unwort

Fernreisen. Was vor einigen Jahren noch als ein aufregendes Erlebnis junger Menschen verstanden wurde, gilt jetzt schon fast als Tabu. „Flight-Shame“, zu deutsch „Flug-Scham“, hat das große Potential, Unwort des Jahres zu werden. Im Genaueren bedeutet der Begriff, dass sich Menschen für ihre Flugreisen rechtfertigen müssen. Ja, teilweise sogar dafür schämen. Denn durch den Flug wird, wie oben bereits erwähnt, viel Kohlenstoffdioxid freigesetzt. Und das – wie wir natürlich alle wissen – ist schlecht für unser globales Klima.

Was also tun? Sich in die Ecke stellen und schämen? Keinem vom Flug erzählen? Oder besser noch: niemals mehr fliegen? Die Antwort ist natürlich, wie eigentlich fast alles im Leben, weder schwarz noch weiß. Jemanden für seine Reise zu verurteilen wäre genauso falsch, wie Flugreisen generell zu verteufeln. Denn Auslandsreisen fördern das Miteinander. Und die Wertschätzung anderer Kulturen. In einer Zeit, in der Rassismus und Fremdenfeindlichkeit langsam wieder Einzug in Parlamente halten, ist es umso wichtiger, dass wir über unseren eigenen Tellerrand hinausblicken. Das geht am besten, indem man fremde Menschen und deren Lebensweise kennenlernt.

Aber das ist dem Klima doch egal?!

Klar, das ist der Umwelt egal. Beziehungsweise dem Klima. Der Flieger setzt trotzdem CO2 frei. Es braucht also einen Weg, um einen Ausgleich zu schaffen. Eine Balance, wenn man so will. Wie die aussieht, muss letztendlich jede/r für sich entscheiden. Das Bewusstsein dafür, welche Verantwortung nach einem Flug getragen werden muss, sollte den Anfang machen. Ich in meinem Fall habe via Atmosfair (Anzeige) den Flug kompensiert. Ich habe also einen Betrag (errechnet an der von mir verursachten CO2-Menge) an die Organisation gespendet. Mit den Geldern werden weltweit Projekte gefördert, die die Menge an Kohlenstoffdioxid an einer anderen Stelle einsparen.

Man könnte jetzt behaupten, dass ich es mir damit besonders leicht mache. Ein Privileg der kapitalistischen Gesellschaft, quasi. Ich treibe was ich will, und am Ende stecke ich jemanden ein bisschen Geld in die Tasche. So auf die Art: „80 Euro, dann ist dat Ding aber jut bezahlt“. Aber nö nö! So wird das nicht laufen. Denn ich werde weiterhin in meinem Alltag möglichst auf Plastik verzichten, die regionale Landwirtschaft unterstützen und meinen Bedarf an Strom und Wasser niedrig halten. Außerdem habe ich vor, die nächsten Jahre in der Nähe Urlaub zu machen.

Mai von Mailab (Anzeige) hat in einem ihrer Videos ein klasse Beispiel gebracht: Nehmen wir Person A. Person A hat Müll in den Wald geschmissen, obwohl sie sich normalerweise für Umweltschutz einsetzt. Person B hat auch Müll in den Wald geschmissen, leugnet das aber. Und Person C hat ebenfalls Müll in den Wald geschmissen, steht aber offen und ehrlich dazu, dass ihr das egal ist. Eigentlich müssten wir C hassen, weil das Verhalten unvorbildlich und uncool ist. Aber eigentlich finden wir Person C ganz sympathisch, weil sie wenigstens ehrlich war. Person B ist ein/e Lügner/in, aber das lassen wir noch irgendwie durchgehen. Schließlich scheint diese Person zu wissen, dass das Verhalten falsch war. Wen wir aber gar nicht abkönnen, ist Person A! Denn A ist offensichtlich ein/e Heuchler/in! Und wir hassen Heuchler mehr als Lügner! Aber… STOP. Wir sollten C hassen, weil diese Person offensichtlich keinen Bock auf Umweltschutz hat. Person A hat einen Fehler gemacht, ja. Aber wenigstens ist dieser Person der Fehler bewusst.

„Wer frei von Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“ Dieser kluge Satz, der schon in der Bibel stand bla bla, hat bis heute nicht an Bedeutung verloren. Denn wir sind alle keine Heiligen. Wir alle sind Klimasünder. Sich für ein bewussteres Leben einzusetzen bedeutet nicht, dass man ab sofort in einer Waldbaracke hausen muss. Es bedeutet auch nicht, dass man nie mehr Fleisch essen oder fliegen darf. Denn es bedeutet in erster Linie nur, dass man versucht, ein besserer Mensch zu sein. Irgendwie.

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